Spontan möchte man ihm die Dose aus der Hand nehmen, so täuschend echt wirkt der Astronaut, der jeden Moment aus den Tiefen des Weltalls direkt ins Zimmer schweben wird. Doch da ist nichts: weder die Hand, noch die Dose, noch das herausblubbernde Getränk. Echt ist da nur ein Display, das dem Betrachter mithilfe ausgeklügelter Technik ein verblüffendes 3-D-Erlebnis beschert – ohne dass dieser eine spezielle Brille tragen muss. „Die dargestellten Objekte ragen scheinbar bis zu einem Meter aus dem Bild heraus und gehen unendlich in die Tiefe“, erklärt Philipp von Trotha, kaufmännischer Geschäftsführer der Firma Realeyes, die die 3-D Displays entwickelt hat. „Da entsteht ein räumliches Bild, das überrascht, neugierig macht und dazu anregt, sich damit auseinanderzusetzen.“ Perfekte Voraussetzungen also für ein Werbemedium. Zwar hat Realeyes gerade erst mit der Markteinführung dieses Produkts begonnen. Doch von Trotha ist jetzt schon überzeugt: „In Zukunft werden wir nur noch dreidimensionale Bilder haben, wenn diese so wirklichkeitsnah wie möglich sein sollen.“
Einige technische Entwicklungen, die in engerem und weiterem Sinne zur Außenwerbung zu zählen sind, nehmen schon heute vorweg, wie die Zukunft aussehen konnte. Manche Techniken sind zwar nicht ganz neu, geraten aber jetzt in das Stadium der Praxistauglichkeit. Um bei der dritten Dimension zu bleiben: Wer hatte vor ein paar Jahren geglaubt, dass die aus Science-Fiction-Filmen bekannten Hologramme tatsächlich realisierbar sein würden? Mittlerweile können sie sogar in einer Rundum-Ansicht erstellt werden. So schickte die britische Modefirma Burberry im April in Peking neben echten Models auch virtuelle 3-D-Schönheiten auf den Laufsteg.
Das Display-System Hyposurface dagegen macht das Thema dritte Dimension auf eine ganz andere Weise erlebbar: Es besteht aus vielen kleinen, dreieckigen Platten, die beweglich sind und Wellen, Bilder, Logos oder Texte formen können. Einer der ersten Kunden, der dieses System nutzte, war der Getränkehersteller Coca-Cola. Daneben gehören 3-D-Projektionen schon fast zu den gängigen Techniken. So sorgten unter anderem Samsung und BMW mit Projektionen auf Gebäuden schon für Aufsehen erregende Aktionen.
Computergestutzte Projektionen sind auch Teil eines Projekts, das Design-Studenten der Hochschule Niederrhein realisierten. Sie kreierten für die Taschenmarke Crumpler eine interaktive Markenerlebniswelt, die auf Bewegungen der Kunden im Verkaufsraum reagiert. Nimmt man beispielsweise die ausgestellte Tasche vom Regal, beginnt die virtuelle Wand dahinter zu bröckeln und weitere Taschenmodelle tauchen auf. Die interaktive Markenerlebniswelt funktioniert so gut, dass sie nun auch in die Geschäfte kommen soll, erzählt Thorsten Kraus, Professor an der Hochschule. „Sie wird zunächst exemplarisch in wenigen Testladen installiert und dann, wenn sie bei den Verbrauchern gut ankommt, weiter ausgerollt werden.“
Ein unendlich großes Spielfeld für 3-D-Aktionen eröffnet sich auch mit Augmented Reality (AR). Eine AR-Anwendung hat Unilever für seine Marke Axe in der Londoner Victoria-Station realisiert: Dabei wurden die Passanten, die ein bestimmtes Feld betraten, auf einen riesigen LED-Screen projiziert, wo sie sich plötzlich zusammen mit einem Engel konfrontiert sahen, der vom Himmel gefallen war. „Augmented Reality ist ein Riesenthema“, meint Guido Bliss. „Aus meiner Sicht ist das kein Trend, sondern eine Entwicklung, der wir uns nicht mehr entziehen können. Die Technik bietet zahlreiche Möglichkeiten, nachhaltige Mehrwerte für den Kunden zu generieren“, so der Geschäftsführer der Kölner Agentur für regionale Medien Planus Media, die kürzlich einen „Innovationsreport“ mit zahlreichen Beispielen innovativer Technologien in der Out-of-Home-Welt veröffentlicht hat. So unterschiedlich diese Techniken sind, sie haben alle eines gemeinsam: Sie beziehen den Verbraucher mit ein, lassen ihn Teil einer (Marken-)Erlebniswelt werden und fordern ihn teilweise auch zum Handeln auf. „Gerade, was das Thema Interaktion in der Out-of-Home-Kommunikation anbelangt, stehen wir erst am Anfang“, ist Philipp Storm, Unit Director Ambient und Digital bei Jost von Brandis, überzeugt. Denn: „Auf diesem Gebiet werden sich noch enorm viele Möglichkeiten auftun, um auffälliger zu sein. Die Kunst wird dann darin bestehen, hier den Menschen etwas entsprechend Reizvolles in den Weg zu stellen, so dass sie bereit sind, mit einer Marke oder einer Institution zu interagieren.“
Eine wesentliche Rolle wird dabei die Verknüpfung von OoH mit Mobile Marketing spielen, da sich beide Kanäle perfekt ergänzen und eine Verbindung zwischen der realen Welt der Verbraucher und der virtuellen Welt des Internets herstellen. Am gängigsten ist die Kommunikation Poster-to-Mobile bislang per Bluetooth, nach einigen Anlaufschwierigkeiten setzt sich gerade wohl auch die Integration sogenannter QR-Codes durch, die den Passanten direkt über den Handy- Browser auf eine Webpage leiten.
Eine weitere Basis für Interaktion bildet die Digitalisierung in der Außenwerbung. Mittlerweile haben alle großen Anbieter erkannt, dass sie sich dieser Entwicklung nicht entziehen können. So treibt Ströer, Köln, den Aufbau des Out-of-Home-Channels voran. Die Berliner Wall AG will das Konzept des komplett digitalisierten U-Bahnhofs Friedrichstraße noch auf weitere U-Bahnhöfe ausweiten. „Des Weiteren haben wir ein digitales Citylight-Board zur Produktreife entwickelt, das im öffentlichen Raum zum Einsatz kommen wird“, kündigt Andreas Prasse, Vorstand Vertrieb & Marketing, an. „Mit dem Aufbau werden wir in diesem Jahr beginnen.“ Und selbst die awk, drittgrößter Anbieter und bislang eher zurückhaltend auf diesem Gebiet, will sich nun des Themas annehmen. „Auch wir arbeiten an der Entwicklung neuer Werbeträger und legen unseren Fokus dabei auf eine tagesaktuelle und situationsbedingte Aussteuerung“, verrat Stefanie Probstfeld, Prokuristin und Corporate Communication Manager. „Wir planen einen Werbeträger, der die positiven Attribute von digitalen Medien aufgreift und diese mit dem reichweitenstarken Klassiker Plakat verbindet.“